"Es geht nicht um eine einfache Darstellung von komplizierten Sachen oder um das Reproduzieren von `nie gesehenen` oder `nie beachteten` Motiven. Mich interessieren die Brüche rechts und links der alltäglichen Realität. Hinter diesen alltäglichen, einfachen Phänomenen verbergen sich tiefe und spannende Fragen. Das ist der Ansatz bei allen Projekten." P.Jones
„Man kann viel sehen und dennoch nichts kapieren; dann helfen weder tolle Fotos, noch irgendwelche sozialen Netzwerke." P.Jones
FAQ
Wie kam es zur SAMMLUNG JONES ?
Eine Sammlung im klassischen Sinn war nie geplant. Angefangen hat alles mit der Musik. Die Großväter (Peter & Johann) unterstützten uns beim Umbau eines Stalls in einen Proberaum; bzw. in eine Sauna. Der Plan einer Schallisolierung mißlang, wir schwitzen uns blöd und der punk rock sound war in der ganzen Nachbarschaft zu hören. Von den Großvätern wurden wir verteidigt und als Dankeschön schrieben wir auf das Bandplakat: "Peter Johann präsentiert: ...". Mit der Zeit wechselten die Bands und der Name wandelte sich in die englische Version: „Pete Jones presents: ..“ etc. Die Großväter sind nicht mehr da, aber ihre Namen, Ideen und diy Sichtweisen leben in der Sammlung Jones weiter.
War Fotografie auch schon ein Thema ?
Fotografie lief immer nebenher. Auf den Reisen faszinierten mich die Stencils. Wann ich das erste gesehen oder fotografiert habe, kann ich gar nicht mehr so genau sagen. Aber mit dem weltweiten Phänomen der Stencils in den unterschiedlichsten kulturellen Metropolen ging die Sammelleidenschaft los. Daraus entwickelte sich das erste Fotobuch: "Eine Dokumentation von Vergänglichkeit und Glück". Zu den Bildern und Reisen gibt es Geschichten, so entstanden Texte – eine Art `FOTOSOPHIE`.
Wo liegt momentan der Schwerpunkt?
Das varriert. Während der Pandemie war an Reisen nicht zu denken, so fing ich an meine Arbeiten zu zerschneiden und neu zusammen zu setzen. Daraus ist das Collagen Projekt "Verdichtung der Realität" entstanden und das Projekt "Diversity & der Overview Effekt" mit dem Wildlifefotograf Daniel Rosengren. Wir lernten uns bei einem Projekt in Tanzania kennen. Obwohl wir beide z.Z. unseren Wohnsitz in FFM haben, sind wir uns vorher nie über den Weg gelaufen. Die unterschiedlichen Foto-Projekte in der Sammlung Jones verstehe ich als eine Art Tagebuch eines Handlungsreisenden.
Warum war es Ihnen wichtig diese unterschiedlichen fotografischen Projekte umzusetzen?
Man kann viel sehen und dennoch nichts kapieren; dann helfen weder tolle Fotos, noch irgendwelche sozialen Netzwerke. Das Fotografieren erfolgt einerseits einem intuitiven Handeln und einer Reaktion auf die Außenwelt, andererseits ist Fotografie eine Refelexion über das was man sieht und wahrnimmt. Mich interessiert das Gegensätzliche und in erster Linie ist es die Freude am 'machen'. Die Kunst besteht ja darin, Dinge evt. 'neu' oder 'anders' wahrzunehmen, so wie man es vielleicht vorher noch nicht gesehen hat. Im täglichen Einerlei gilt es den Tunnelblick zu vermeiden, den Selbstbetrug durch die eigene Wahrnehmung. Details sind entscheidend und Vielfalt ist in allen Bereichen wichtig.
Sie bezeichnen sich als Fotosoph, was meinen Sie damit?
Als Streetfotograf ist man z.B. mehr oder weniger stiller Beobachter der Wirklichkeit. Man ist viel
unterwegs, kommt in die verrücktesten Situation und es mag absurd klingen, aber m.E. deutet vieles darauf hin, dass die Aufmerksamkeit des Menschen äußerst selektiv ist und mehr auf dem beruht,
was man meint sehen oder glauben zu wollen, als auf dem, was tatsächlich, faktisch vor den Augen passiert. Die Wirklichkeit hat nunmal viele Facetten und der Begriff von Wahrheit ist sehr komplex.
M.E. ist er viel komplizierter als es die Fotografie je war. Das schlimme ist, wenn man gar nichts über Wahrheit weiß - und gerade in Zeiten von Fake
News oder KI ist das fatal - kann einem alles als Wahrheit verkauft werden und Bilder können als Beweis dieser Wahrheit dienen. Hinzu kommt
dass einfache Wahrheiten wohl eine faszinierendere Ausstrahlung haben, als komplexe Wahrheiten und Bilder können
in jede Richtung als Vehikel benutzt werden. Aus diesem Zusammenhang heraus ist das Projekt "RITSCH RATSCH KLICK - ein fotosophisches Manifest und warum
Jesus kein Fotograf war" enstanden.
Wie kamen Sie auf die Idee Banknoten zu fotografieren?
Auf Reisen habe ich schon immer den unterschiedlichen kulturellen Umgang mit Geld
fotografisch dokumentiert. Als Kameramann bin ich weltweit unterwegs. Dann kam die Lehman Brothers Pleite 2008 und es begann eine Weltwirtschaftskrise. Alle sprachen plötzlich über Geld, wie es
funktioniert, oder auch nicht funktioniert. Für mich lag es nahe sich den Gegenstand, worum es ging, nämlich das Geld - genauer anzuschauen. Und so traf die Makro- Fotografie auf die Makro- Ökonomie (Projekt: MAKRO MONEY – DER SCHÖNE
SCHEIN). Es gibt hunderte Meter Bücherregal zum Thema Geld. Doch weder Aufklärung, Kriege, Revolutionen oder der technische Fortschritt konnten z.B. die Armut in der Welt beseitigen. Das Geld
unter einem anderen Aspekt und unbefangen zu betrachten war der Ansatz.
Ihre Werke betiteln Sie mit Zitaten oder Themen aus der Religion, der Wirtschaft oder aus der Musik. ZB das `Triptychon: Glaube Liebe Hoffnung`. Warum?
Der zentrale Aspekt oder der künstlerische Ansatz ist die Kombination und Konfrontation vertrauter, alltäglicher Objekte und Situationsfragmente. So entsteht neben dem Werk eine weitere Ebene. Mir geht es ja nicht um eine einfache Darstellung von Banknoten oder von komplizierten Sachen, oder um das bloße Reproduzieren von `nie gesehenen` oder `nie beachteten` Motiven. Mich interessieren die Brüche rechts und links der alltäglichen Realität. Hinter diesen alltäglichen, einfachen Phänomenen verbergen sich tiefe und spannende Fragen. Das ist der Ansatz bei all meinen Projekten.
Wie ist ihr Verhältnis zur Kunst?
Das Leben muß irgendwie finanziert werden, die Miete muß gezahlt werden; sei es als Künstler, Handwerker oder Banker. Als Künstler kann man sich da nicht rausziehen. Definitiv gibt es einen
Unterschied zwischen Kunsthandwerker und Künstler. Und definitiv hat beides mit Arbeit zu tun. Die kann man gut, schlecht oder mittelmäßig ausführen. Aber der kreative künstlerische Prozeß `des
machens` ist ein ständiges in Frage stellen, entwerfen, verwerfen, erfinden, neu kombinieren; diese Ideen fliegen nicht einfach vom Himmel und sie entstehen auch nicht durch Selbstkasteiung,
Exzesse oder andere Klischees.
Verkaufen Sie Bilder?
Wir verkaufen limitierte Fine Art Prints und Foto Abzüge auf Aludibont / Plexiglas aus allen Serien. Bei Interior Projekten vergeben wir Nutzungsrechte auf ausgewählte Motive, da es sich in der Regel um sehr große Formate auf unterschiedlichsten Materialien handelt. Die erfolgreichste Fotoserie ist sicherlich "Makro Money - der schöne Schein". In diesem Projekt geht es um die Verbindungen zwischen Kunst, Geld, Natur und Macht und der Facettenhaftigkeit von Geld.
Es zeichnet sich ja ab, wie stark die Krisen der Welt die bisherigen Gewohnheiten und Vereinbarungen des Zusammenlebens infrage stellen. Wie wirkt sich das auf die Kunst aus?
Alle Krisen und Probleme sind bekannt, auch Lösungsmöglichkeiten werden benannt. Oftmals scheint eine Umsetzung am Thema der Finanzierung zu scheitern. Und da kann Kunst mit neuen Sichtweisen einen Beitrag leisten. Kunst an sich erfüllt keinen Zweck, aber wenn sie so wollen, kann die Kunst eine Anschubfinanzierung für den Geist sein.
Was bedeutet das für Sie?
Die Kunst an sich – wie wir es verstehen – hat von je her die Kraft eine revolutionäre Sichtweise zu schaffen – nicht mehr und nicht weniger. Der professionelle Kunstmarkt hingegen zeigt Parallelen zum professionellen Börsenhandel auf, was eine komplett andere Welt darstellt und eben jedes Klischee bedient. Auf eine gewisse Art und Weise kommerzialisiert der professionelle Kunstmarkt die revolutionäre Sichtweisen wieder. Anders formuliert, der Künstler sollte das Banausentum nicht in Perfektion übersteigen.
Wie wird es in Zukunft weitergehen?
"Stay hungry, stay foolish" ... In Zukunft wird sich wohl einiges vermischen und in Pandemiezeiten könnte es in Richtung Sound- & Videoinstallation gehen, diese Arbeiten kann man online zeigen. Die gesammelten Soundschnipsel aus aller Welt warten auch auf die Verarbeitung, aber mal sehen wohin die Reise führt.
Danke für das Gespräch!